Portogruaro

Näher an Venedig als Marano Lagunare liegt die ausgewachsene Kleinstadt Portogruaro. Den Namen führt man auf Kraniche, italienisch gru, zurück. Die Ansiedlung ist erst im 11. Jahrhundert als Flusshafen begründet worden, aber dann rasch gewachsen und war zeitweilig wirtschaftlich sehr bedeutend, was sich noch heute in der sehenswerten Architektur der Innenstadt belegt findet.

Zentrale Sehenswürdigkeit ist nämlich diese Innenstadt selbst: die fast ganz um das Zentrum herum führende Ringstraße besteht nach wie vor aus der ursprünglichen Bebauung im Stil venezianischer Gotik. Man kann kilometerlang in den Arkaden spazieren gehen und Palazzi und stattliche Bürgerhäuser an sich vorbeiziehen lassen. Vielfach sind in den Arkaden noch Spuren einstiger Bemalung und aufwändiger Schnitzerei zu erahnen. Restauriert ist davon fast nichts, aber genau das macht auch den wirklichen Reiz einer intensiven Begehung aus.

Man merkt, dass hier früher die Stadtgrenze verlief, denn hinter den straßenzugewandten Fronten an der Außenseite dehnen sich respektable Anwesen und Parks, von denen einige dem Besucher offen stehen.

Portogruaro liegt am Fluss Lemene – der lange Jahrhunderte von enormer Bedeutung für den Transport und damit den Festlandhandel Venedigs war. Entsprechend ziehen sich mehrere Kanäle und Nebenläufe direkt durchs Zentrum, meist idyllisch verwachsen.

Direkt am Fluss stehen zwei Mühlen aus dem 12. Jahrhundert, die zugleich Basis einer alten Brückenanlage sind.

Am Ende des ersten Weltkriegs, als die Österreicher kurz vor dem Zusammenbruch ihrer Monarchie noch einen kurzfristigen Sieg über die Italiener erfochten – man hatte die einknickende Front der Italiener in einer letzten Anstrengung bis hinter Portogruaro zurück geworfen -, sollten beim kurz darauf einsetzenden Rückzug, wie das in militärischer Logik so üblich ist, die Brücken zerstört werden. Ein Leutnant der Österreicher ließ sich jedoch erweichen, die mittelalterliche Ponte dei Mulini wider den Befehl unbeschädigt stehen zu lassen. Geschadet hat es ihm nicht, er ist nachher weit aufgestiegen, bis zum Bundeskanzler der Zweiten Republik: Julius Raab.

Portogruaro, der Gedenkstein für Julius Raab

Direkt unterhalb der Mühlen liegt auf einer kleinen Terrasse am Fluss das Ristorante Tre Scalini, in dem neben typisch regionaler Küche vor allem Meeresfrüchte angeboten werden. Außerhalb der Stoßzeiten ist es aber auch als Café zu missbrauchen: man sitzt herrlich erfrischt direkt am Fluss und kann die Seele baumeln lassen.

Eine eher seltene Skurrilität ist das Oratorio Madonna della Pescheria, eine winzige Andachtsstätte direkt neben dem Eingang zum Ristorante:

Portogruaro, Oratorio Madonne della Pescheria: immer noch eifrig in Betrieb gehalten

Südlich von Portogruaro liegt das moderne Concordia Sagittaria, welches auf die römische Kolonie Iulia Concordia zurückgeht. Das Museum dazu befindet sich aber hier in Portogruaro. Leider corona-bedingt geschlossen, nur eine außen liegende Galerie mit ein paar wahllosen Fundstücken ist zugänglich…

Museo Nazionale Concordiese di Portogruaro

Das Zentrum besteht aus dem Domplatz, wobei es außer einem der hierzulande recht häufigen schiefen Türme wenig zu sehen gibt, dem weiten Platz mit Rathaus aus dem 13. Jahrhundert, wo ein Brunnen aus dem Mittelalter mit erneuerten Figurinen um Aufmerksamkeit ringt, und einer architektonisch ansprechenden Arkadenzeile, dem Corso Martiri della Libertà. Man kann sich im Caffé Roma auf dem eher klein dimensionierten Domplatz niederlassen und noch einen Kaffee trinken. Das war’s dann aber.

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